
Kärnten fördert Pseudowissenschaft
Es gibt eigentlich bei jeder
Partei gute Gründe, sie nicht zu wählen. Bei den Grünen ist es für mich die
Wählerschicht. Nicht nur, dass mir "Bobos" unsympathisch sind. Diese Leute, die
noch nie was von Verbrechen mitgekriegt haben, aber von den Lehrer-Eltern eine
Wohnung in Neubau finanziert haben und meinen, mit Gendern und Umweltschutz
rettet man die Welt. Es sind auch die Leute, die einfach nur
wissenschaftsfeindlich sind. Und jetzt haben die Grünen das wieder bewiesen.
In einer langweiligen Presseaussendung
feiern sich die Kärntner Grünen nämlich dafür, dass die sogenannte
"Misteltherapie" von der Gebietskrankenkassa finanziert wird. Weiterhin. Denn schon die letzten zehn
Jahre hat das Land Kärnten diese gefördert. Das hat der Landtag nun einstimmig
beschlossen.
"Das
gemeinsame Bekenntnis sowie der einstimmige Beschluss im Gesundheitsausschuss
des Kärntner Landtags sind ein Beweis dafür, dass wir bei wichtigen Themen und
Anliegen parteiübergreifend an einem Strang ziehen und uns für die
Kärntnerinnen und Kärntner einsetzen."
Ob es wirklich so gut für die
Kärntnerinnen und Kärntner ist, wenn sie mit Misteln behandelt werden? Auf misteltherapie.at
wird zumindest angesprochen, dass man die Therapie auch unterstützend zu einer
Chemotherapie verwenden kann. Meine Sorge ist aber, dass viele im Glauben, dass
diese aus öffentlichen Mitteln geförderte Therapie eine echte Behandlung ersetzen kann. Die Grünen schreiben:
"Das Einsparungspotential durch die
Nichtfinanzierung der Misteltherapie für die Kärntner Gebietskrankenkasse
beläuft sich auf etwa 70.000,- Euro. Auch wenn der Chefarzt der GKK im heutigen
Ausschuss nicht plausibel erklären konnte, wieso die Finanzierung der
Misteltherapie eingestellt wurde, wurde diese Entscheidung damit begründet,
dass diese Therapie den Krebs nicht heilen könne. Dies obwohl viele anerkannte
OnkologInnen und viele KrebspatientInnen davon überzeugt sind, dass die
Misteltherapie ein wesentlicher Bestandteil der Komplementärmedizin der
Onkologie ist. Diese Therapie kann die Lebensqualität von KrebspatientInnen
entscheidend verbessern"
Laut Wikipedia ist die Misteltherapie
"pseudowissenschaftlich" und die therapeutische Wirksamkeit konnte nicht
festgestellt werden. "Die Anwendung der Mistel in der Tumortherapie hat
weder eine traditionelle noch eine experimentelle Grundlage, sondern leitet
sich aus Anschauungen Steiners ab, der unter anderem auf die Analogie zwischen
dem parasitären Wachstumsmuster der Mistel und dem Tumor hinwies."
Auf misteltherapie.at werden
auch "klinische Studien" zitiert. Seit 1980 wurden demnach 30 Studien
durchgeführt, insbesondere vier seien dabei hervorzuheben. 30 Studien in 37 Jahren,
von denen vier das gewünschte Ergebnis aufzeigen - das ist kein Standard, der
dem Begriff "Medizin" oder auch nur "Therapie" würdig ist.
Im Prinzip beruft sich die
Misteltherapie also auf "Forschung", die irgendwo zwischen "methodisch
fragwürdig" und Voodoo liegt. Auch die Anleitung des Begründers klingt eher wie
aus Asterix und Obelix:
1920
diktierte Steiner, wie Gemische aus Sommer- und Wintersaft der Mistel nach anthroposophischer Intention herzustellen seien: Der
Extrakt soll im Winter, möglichst zu Weihnachten, und im Hochsommer Ende Juni
hergestellt werden. Dann soll der Sommersaft in den in einem rotierenden Gefäß
befindlichen Wintersaft herunterfließen. Mit zunehmender Umdrehungsgeschwindigkeit
des Rotationsgefäßes nehme die Wirksamkeit des Mittels zu. Damit die Wirkkräfte
nach dem Zentrifugieren nicht verloren gingen, habe Steiner empfohlen, die
Mischung möglichst in einer Tierblase aufzubewahren.
Und die Grünen brüsten sich
jetzt damit, dass so etwas zehn Jahre lang vom Land finanziert wird. Das
begründen sie unter anderem damit, dass es zu keiner "Zweiklassenmedizin"
kommen dürfe - immerhin könnten sich viele Menschen diese Wurzeln nicht
leisten. Guess what: Viele Leute zahlen auch für echte Medizin sehr viel. Und wenn man die noch dazu mit
irgendwelchen Pflanzen bespaßt, die keine erwiesene Wirkung haben, ist das bei
Krebspatienten unverantwortlich.
Natürlich muss man dafür auch
die anderen Parteien im Landtag anpatzen, die dieser Finanzierung von
Pseudowissenschaft zugestimmt haben. Die Grünen, die sich noch dazu damit
brüsten, sind aber nicht zum ersten Mal damit aufgefallen. Auch der
unreflektierte Widerstand gegen alles, was mit "Gentechnik" zu tun hat - viele
Linke haben ein enormes Problem mit Wissenschaftsfeindlichkeit. "Alternative
Heilmedizin" ohne
Wirkung wird gefördert, während "Gen-Reis", der viele Menschen retten könnte, schlecht ist. Dasselbe
Problem haben nicht nur die Grünen, sondern beispielsweise auch Greenpeace. Das
ist kein politischer Zustand, den man einfach so hinnehmen sollte.
Im Wahlkampf sollte man die
Grünen und alle anderen Parteien gerne auch nach ihrem Verhältnis zur
Wissenschaft und zur Pseudowissenschaft fragen. Denn wenn es die Grünen auch im
Bund so halten wie ihre Kärntner Kollegen, werden sie sich die Bobo-Fraktion
zwar halten - aber vielleicht werden sie dafür auch zurecht abgestraft.
(Hiermit sind die Grünen in
Kärnten sowie der gesamte Kärntner Landtag übrigens für das "Goldene Brett vorm
Kopf" nominiert. Ich denke, sie haben gute Chancen.)